Biodanza in Weimar- Thüringen
Biodanza in Weimar- Thüringen

"Biodanza y Tango Argentino para vivir"                      Zusammenfassung meiner Monografie an der Biodanzaschule Leipzig 2017

"Biodanza y Tango Argentino para vivir"

- mein persönlicher Weg zu Biodanza, vorgelegt an der Biodanzaschule Leipzig im Juni 2017

 

Zusammenfassung:

 

In der vorliegenden Monografie betrachte ich Biodanza und Tango Argentino als meine getanzten
Wege in Verbindung mit mir selbst, mit den Menschen und mit der Natur.
Das Buch „Tango para vivir“, deren Verfasserin Victoria Colosio, Rosario, 1927-2016, die Methode und Didaktik der Propedeutik des Tanzes für den Tango entwickelte, dazu der darauf begründete langjährige Tango-Unterricht zusammen mit Carlos Tapia in Weimar und jetzt auch die Lehre von Biodanza auf wissenschaftlicher Grundlage, studiert bei den besten Lehrern, die es für mich geben konnte, Dr. Alejandra Villegas und Prof. Dr. Marcus Stück – all das hat bei mir eine Fusion bewirkt, die mich folgerichtig zum Thema meiner Monografie führte:
Biodanza y Tango para vivir – mein Weg.

 

Im theoretischen Teil der Arbeit werden beide Methoden in ihrem Wesen, kulturellen Hintergrund und in der aktuellen Bedeutung beschrieben und miteinander in Beziehung gebracht.

Im praktischen Teil wird eine Studie zur Wirksamkeit von Biodanza auf Tangotänzer erläutert, die von Februar bis April 2015 in Weimar durchgeführt wurde.

Im dritten Teil werden Aspekte der Methodologie von Biodanza auf ihr Vorhandensein beim Tango
untersucht.

 

Tango Argentino begegnete mir in einer Phase des Lebens der Sehnsucht nach Veränderung– Gott sei Dank! Denn er wurde ein Heilmittel für meine Seele, zur Schaffung einer Balance ihrer Kräfte. Der mögliche Ausdruck von Sinnlichkeit und Leidenschaft hat mich fasziniert, dazu die lebensnotwendige Polarität von männlicher und weiblicher Energie – in mir selbst und in Verbindung mit anderen! 

Der Tango hat mir meinen Körperverstand und meine Achtsamkeit im Umgang mit mir selbst und mit anderen Menschen verbessert.
Der argentinische Tango hatte seinen Ursprung am Ende des 19. Jahrhunderts am Rio de la Plata. in Buenos Aires, Rosario und Montevideo, wo verschiedene Völker und Kulturen aufeinander trafen: Bis 1930 ca. 6 Millionen Einwanderer – hauptsächlich Spanier, Italiener, Juden und immer noch afrikanische Sklaven und Abertausende von arbeitslosen Peones (Landarbeitern) und Gauchos (Landarbeiter aus der Pampa). Das gescheiterte Einwanderungsprogramm in Argentinien führte zu einer komplexen existenziellen Notsituation, einem seelischen Defizit der Einwanderer. In den Hafenvierteln - Barrios (Stadtteilen) und Arrabals (Vorstadtgebieten), in einem Milieu von Arbeitslosigkeit, Kleinkriminalität und Prostitution – dort wurde der Tango zum Ausdruck existentieller Not und menschlicher Einsamkeit des Porteño (Hafenstadtbewohner von Buenos Aires).
Die Tango-Musik stand unter dem Einfluss von Candombe, der Musik der Kreolen und Schwarzen, Habanera der Spanier, Mazurka der Polen, Polka der Böhmen, Walzer und Ländler der Deutschen. 
Um 1917, als Carlos Gardel Minoche triste (Meine traurige Nacht) aufnahm, begann die Ära des Tango-
Liedes. Gardels Bedeutung für den Tango wurde später nur noch von Astor Piazzolla erreicht. Eine eigene Weltkultur war geboren!
Der Tango in der Zeit seiner Entstehung wurde eine Subkultur und schaffte Identität, Verbindung der Menschen aus verschiedenen Kulturen und Bewegung. Im Ausdruck der Musik ist ein seelisches Ziehen, aber auch trotziges Gehen, das vor allem durch die Synkopen hervorgerufen wird. Das Bandoneon als Herz des Tangos kann traditionell beide Gesten, sowohl Verlustschmerz als auch Trotz dagegen ausdrücken.Heute ist der Tango ein Medium, wo die Menschen üben, was die moderne Leistungsgesellschaft  abgebaut hat: menschliche Nähe, Umarmung, Harmonie, affektiver Begegnung. Inwieweit er dadurch an seine kreative, personale Urquelle (Potentiale) herankommt, ist von ihm selbst und seinen Lehrern abhängig. Meine heimatliche Tangoszene ist wie eine kleine Quelle der Toleranz, Kreativität und Liebe zwischen Menschen verschiedener Nationen und sozialer Klassen.

 

Biodanza führte mich unmittelbar in den Himmel von Tanz, Freude und menschliche Begegnungen!
Die Methode wurde 1965 vom Psychologen, Anthropologen und Künstler Prof. Rolando Toro Araneda (1924-2010), an der Universität Santiago de Chile, Institut für anthropologische Medizin, entwickelt durch Emigration und Gründung der IBF (International Biocentric Foundation) in der Welt verbreitet.
Rolando Toro definierte 1995 Biodanza wie folgt: „Biodanza ist ein System affektiver Integration,
organischer Erneuerung und Neulernen der ursprünglichen Lebensfunktionen, basierend auf Vivencias (span. Erlebnisse), die der Tanz einleitet, sowie Musik und Gesang und Situationen der Gruppenbegegnung“.
Heutzutage leben viele Menschen in einem Zustand psychosomatischer Dissoziation. Sie denken etwas, fühlen etwas anderes und handeln wiederum anders als sie fühlen. Wenn wir rational an unsere Konflikte herangehen, können wir die tiefgreifenden dissoziativen Störungen nicht lösen. Eine neue Erkenntnistheorie eröffnet sich: Es ist das Erleben des Lebendigseins, die kinästhetische Wahrnehmung unseres Körpers, und zusätzlich die Möglichkeit „wirklich wir selbst sein“ zu können, was uns ein integratives und gesundes Dasein ermöglicht. Deshalb analysieren wir nicht unsere Konflikte, sondern regen den gesunden Teil unserer Identität an durch das Erlebnis, im „Hier und Jetzt“ zu leben.

 

Biodanza, der „Tanz des Lebens“ (bios) als Ausdruck einer „Bewegung voller Sinn“ (danza), kann in
Erlebnissen (Vivencias) ein Gefühl von Lebenserneuerung, innerer Balance, Harmonie und Solidarität eröffnen. Durch Kombination von Musik, Bewegung und Gefühl werden menschliche Potentiale (Vitalität, Sexualität, Kreativität, Affektivität, Transzendenz) gefördert. Die Übungen werden im Feedback und immer in affektiver Begegnung mit anderen Menschen ausgeführt. Während 90-120 Minuten Dauer mit ca. 15 Übungen wird der methodologisch-didaktisch vorbereitete Ablauf als dynamische sinuskurvige Abfolge von motorischer Aktivierung und sensorischer Entspannung/Regression mit Schluss- Reaktivierung gestaltet. Eine Regression in ursprüngliches Wohlbefinden, organische Erneuerung, ruhiges Fließen und achtsam-spielerisch sinnliche Lebensfreude wird möglich. Musik und Übungen ermutigen in Zusammenspiel und Interaktion zu einem authentischen Ausdruck der Gefühlsregungen und wirken so stärkend auf Identität, Selbstwert und Selbstverantwortung.


Die Biodanza-Forschung begann mit Rolando Toro in Chile ab 1968 in seiner Arbeit mit Psychiatrie- Patienten. Seit 1998 wurden weitere Arbeiten von Allejandra Villegas und Marcus Stück an den Universitäten Leipzig und Buenos Aires initiiert. Sie konnten Ergebnisse durch Biodanza- Anwendung publizieren, die signifikante Verbesserungen des Emotionsausdrucks in sozialen Situationen, verringerte Begegnungsängste und erhöhte Abgrenzungsfähigkeit sowie antidepressive Wirkungen etc. belegen.

 

Die im praktischen Teil der vorliegenden Arbeit dokumentierte Studie zur Wirksamkeit von Biodanza auf Tangotänzer habe ich von Februar bis April 2015 in Weimar durchgeführt. Anlass waren meine Monografie, die Motivation zum Anfangen mit einer Biodanza-Gruppe in Weimar und mein beruflicher Aufgabenbereich Krankenhaus.

Im Rahmen der praxisbezogenen Ausbildung von Medizintechnikstudenten betreute ich Diplomthemen. So verbanden wir mit den wöchentlichen Biodanza-Seccions eine „Vorklinische Studie zur Zertifizierung von Medizinprodukten“. Das Produkt dafür, smardwatch® Science, wurde bereitgestellt vom Entwickler Dr. rer. nat. Hans-Ulrich Balzer. Es dient der Erfassung von menschlichen Biopotentialen und deren Aufbereitung für die Chrono- Bio- Psychologie, die sich mit zeitlichen Abläufen in der belebten Natur befasst.

Eine Diplomandin sorgte für den komplexen Versuchsaufbau, die Dokumentation und Aufbereitung aller Messdaten.

 

Ich selbst sorgte für eine wöchentliche Biodanza-Gruppe aus bisherigen Teilnehmern der Tangoschule in Weimar. Unter der Betreuung von Alejandra und in Zusammenarbeit mit meiner Kollegin Gabriele sind dafür 10 Vivencias für Biodanza-Anfänger entstanden und dokumentiert. Die einzelnen Übungen folgen der Biodanza- Modellkurve und der vorgeschlagenen Musikauswahl von IBF und BSL.

 

Von Marcus erhielten wir Versuchsplan und Fragebögen zur Erfassung der subjektiv eingeschätzten Stimmung der Teilnehmer vor/nach den einzelnen Biodanza-Sitzungen und vor/nach dem Zyklus von 10 Sitzungen.

Meine Untersuchungen zu Wirkungsweisen von Biodanza bei bereits mit Leidenschaft Tango tanzenden Menschen wurde als Pilotstudie konzipiert, um folgende Hypothesen zu generieren, die später in einer randomisierten wissenschaftlichen Studie überprüft werden können.

 

Ich trat an mit folgenden Annahmen darüber, welche Parameter von erlebten Biodanza- Sessions positiv auf die Veränderungen von TangotänzerInnen wirken:

1. Affektivität und Zärtlichkeit

2. integrierten Bewegungen, Erlebnis- Fähigkeit

3. Zufriedenheit und Regulationsfähigkeit.

 

Verlauf der Untersuchungen und Ergebnisse:

In 10 Wochen nahmen 10 der 17 Teilnehmer der Gruppe regelmäßig je einmal pro Woche an 2

Stunden Biodanza teil. Die zehn betrachteten Teilnehmer waren im Alter von 43-67 Jahren, darunter 3 Männer. Aufgrund der Tatsache, dass die TeilnehmerInnen aus einer bestehenden Tango-Gruppe akquiriert wurden, konnte keine randomisierte Aufteilung in Gruppen  vorgenommen werden, somit handelt es sich um eine vorexperimentelle Versuchsanordnung, eine Untersuchung ohne Kontrollgruppe.

 

Bewertung:
In Auswertung der Fragebögen über das Statistikprogramm SPSS konnten vermutete Wirkungen von Biodanza auf TangotänzerInnen bestätigt werden. Hinsichtlich der  Prozessvariablen ergaben sich in allen Sitzungen in der Weimarer Biodanza-Gruppe signifikante Stimmungsverbesserungen im Vergleich zum Fragebogen vor jeder Sitzung. 
Ein ähnlich deutliches Bild ergab sich langfristig bezüglich der Zunahme des Aktivitäts- und Entspannungsempfindens nach 10 Sitzungen im Vergleich zur Ausgangsempfindung vor den Sitzungen.

 

Signifikanz/ Ergebnis- Beispiel:
Um die Auswirkungen von Biodanza weiterführend zu untersuchen, wurden zwei Vpn (Vpn 1, Name
EB, weiblich, 52 Jahre und Vpn 2, Name HA, männlich, 59 Jahre) parallel mit zwei smardwatch® während der Biodanzaklasse untersucht. Analysiert wurde das vegetativ-emotionale Verhalten (Parameter Hautwiderstand), das vegetativ-nervale Verhalten (Parameter Hautpotential) und das muskuläre Verhalten (Parameter Elektromyogramm). 

In der Vivencia am 12.04.2015 wurde die Struktur der untersuchten Biodanza-Klasse im Protokoll No. 9 festgehalten. Das Protokoll enthält Startzeiten für die Messung mit smardwatch® bei beiden Probanden EB und HA sowie die Start- und Endzeiten aller Tänze, deren Inhalt und Musiktitel aufgeführt werden. Besondere „Stressoren“ wurden vermerkt. 
Nach automatischer Datenübertragung in der Systemkomponente smardwatch® Biostream erfolgte die Datenanalyse. Dabei wurden die Verteilungen der Regulationszustände für verschieden Phasen dargestellt. Im vorliegenden Beispiel des Probanden EB wurde die Startphase (Aktivierungskreis/Preciso me encontrar/, Gehen/Senegal/) und die Endphase (Tanz Herz zu Herz/Unforgetable/, Aktivierung 1/Bem Leve/, Aktivierung 2/Pais Tropical/), jeweils 10 Minuten mit smardwatch® Biostream dargestellt. Dazwischen war eine affektiv-motorische Stimulierungsphase (54 Minuten) mit folgenden Übungen: Rhythmische Koordination zu zweit, Rhythmische Synchronisierung zu zweit; Periphere Bewegung-Batucada individ, Zentrale Bewegung-Batucada individ, Tanzende Atmung, Melodische Synchronisation, Wiegekreis, Segmentübung Becken, Regen der Zärtlichkeit.
Bezüglich der intrapersonellen Synchronisation zeigt Vpn EB eine Zunahme der emotionalen und
kognitiven Prozesse im Bereich Wohlbefinden sowie eine Verschiebung der motorischen, emotionalvegetativen und kognitiven Prozesse zum Ende der Biodanza-Klasse. Besonders ausgeprägt ist die Zunahme der vegetativ-nervalen Tiefenentspannung (Regulationszustand der äußersten linken Säule Hautpotential-grün).

Die Annahme "Steigerung der Zufriedenheit und Fähigkeit zur Autoregulation von TangotänzerInnen nach Teilnahme an Biodanza" kann mit dieser Stichprobe signifikant bestätigt werden.

 

Weiterführende aktuelle Ergebnisse aus dieser Untersuchung fanden bereits Eingang in den Enturf des Buches von M. Stück und H.-U. Balzer „Einführung in die Chrono-Bio-Psychologie“:

„In einer Untersuchung von Backhaus, Balzer und Stück (2015) in einer Biodanzaklasse Weimar wurden psycho-physiologische Synchronisierungsprozesse in einer Versuchsperson aber auch zwischen zwei

Versuchspersonen untersucht. In der zusammenfassenden Interpretation der interpersonellen Synchronisierung in drei Phasen der Biodanzasitzung ist der Verlauf der vegetativ-emotionale Synchronisation (Hautwiderstand) und der vegetativ-nervalen Synchronisation (Hautpotential) dargestellt. Zwischen emotionaler und nervaler Synchronisation gibt es gleichlaufendes Verhalten in den Übungen Segment Becken und Regen der Zärtlichkeit, am deutlichsten."

 

Bei beiden Versuchspersonen, die bereits erfahrene und genussvolle Tangotänzer waren, trat laut Messungen, Fragebögen und ihren späteren Reflexionen eine deutliche Verbesserung ihrer Erlebnisfähigkeit, Affektivität, Zärtlichkeit, Zufriedenheit und Regulationsfähigkeit ein. Das ging auch aus den Auswertungen der anderen Versuchspersonen hervor, so dass signifikante positive Ergebnisse erzielt wurden.

 

Zusätzlich fand ich anhand der 14 Kriterien von Biodanza, die diese Methode von anderen Formen der persönlichen Entwicklung unterscheidet,  in sieben Merkmalen, dass sie ebenso für Biodanza und auch Tango Argentino zutreffen. Diese nenne ich die

 

„Sieben Geheimnisse, die Biodanza und Tango Argentino gemeinsam gehören":

1. Verwendung von organischer Musik 

2. Ermöglichung der langsamen Öffnung der Charakterpanzerung

3. Zulassen der körperlichen Interaktion mit Feedback und der Möglichkeit, Grenzen zu setzen

4. Förderung der Integration des Organismus durch organische Bewegungen

5. Verbindung mit einem eigenen kohärenten Lebensmodell bei Biodanza und möglich auch beim Tango

6. Autoregulation der Einheit durch Körperbewegung, Emotion und Atmung, Natürlichkeit des Organismus‘ und seines Ausdrucks mit dem Auflösen von Dissoziationen.

7. Die Phänomenologie des „Hier und Jetzt“.

(Erläuterungen siehe vollständige Arbeit) 

 

Resümee:

TangotänzerInnen tanzten im Modellversuch Biodanza mit Genuss und Hingabe, reflektierten die positiven Wirkmechanismen und Erlebnisse. Das wurde gemessen, persönlich von mir beobachtet und von den TeiinehmerInnen bestätigt.

 

Mit meiner Betrachtung möchte ich Mut denjenigen machen, die Zugang zu Tango Argentino und ergänzend auch zu Biodanza suchen als Antwort auf ihr persönliches Leben - Zuversicht auch für die TangolehrerInnen, die am Kernthema der Liebe arbeiten mit einem ethischen Anspruch, der persönliche Vorlieben, Konkurrenz, Ausgrenzung Andersartiger und Angst vor Einsamkeit ausschließt.

 

Die Methoden Biodanza und Tango Argentino können sich gegenseitig befruchten und beide zusammen beitragen zum affektivem Kontakt der Menschen untereinander, zur Integration von Lebensfreude und Gesundheit.

 

Mein persönlicher Traum ist ein Zusammenwirken, eine Verabredung zwischen Biodanza und dem neuen Tango wie von „Bios“ (bewegte Natur) mit „Tangere“ (Berührung) in liebevoller Wahrnehmung und mit Achtung vor der Heiligkeit des Lebens. Mit dieser Vision lebe, tanze und unterrichte ich Tango Argentino und nun Biodanza!

 

 

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